ESD-Schutz: Definition, Grundlagen, Schäden und Vorbeugungsmaßnahmen

Warum wir uns vor elektrostatischer Entladung schützen müssen.

ESD-Definition: Was ist die elektrostatische Entladung

Die Abkürzung ESD steht für den englischen Begriff „ElectroStatic Discharge“. Diese können in elektronischen Bauteilen vorkommen und zu kostenintensiven Ausfällen führen.

Wie entsteht ESD

Eine entscheidende Rolle spielen dabei triboelektrische Ladungen. Sie entstehen, wenn zwei Materialien mit unterschiedlicher Elektronenaffinität in Kontakt kommen und wieder getrennt werden. Die Elektronen (Ladungen) ordnen sich unterschiedlich auf den beiden Materialien an und erzeugen so ein Ungleichgewicht der Ladungen auf den Objekten.

Jedes Material kann triboelektrisch aufgeladen sein. Die Verweilzeit der elektrostatischen Aufladung auf einem Objekt ist davon abhängig, ob es sich um einen Leiter oder Nichtleiter (Isolator) handelt, und ob der Leiter geerdet ist oder nicht. Nähern sich Gegenstände mit unterschiedlichem Potential, so kann sich die Ladung schlagartig entladen. Diesen „schlagartigen“ Elektronenfluss nennt man ESD.

ESD-Risiken: Kleidung, Einrichtung und verhalten

Es mag fast zu selbstverständlich klingen – doch der Mensch stellt in Bezug auf ESD eines der größten Risiken dar. Wenn Mitarbeiter ohne ESD-Schutzkleidung (etwa entsprechende Schuhe oder ESD-Kittel) und Schulung elektronische Bauteile handhaben, ist eine elektrische Entladung oft nicht weit. Gewöhnliche Kleidung sowie Haut und Haare sind sehr anfällig für hohe Ladungen. Diese Träger nehmen solche Ladungen sehr leicht auf und halten sie.

Oft wird auch die Tatsache übersehen, dass gerade die Kombination von Faktoren entscheidende Bedeutung hat. Nehmen wir an, ein Mitarbeiter trägt synthetische Kleidung. Wenn zusätzlich an seinem Arbeitsplatz ein Teppich liegt und er auf einem gewöhnlichen Bürostuhl sitzt, erhöht sich die Spannung. Gerät er dann in unmittelbaren Kontakt mit einem entsprechenden Bauteil, so kommt es unweigerlich zu einer elektrostatischen Entladung. All dies wohlgemerkt, ohne dass es der Mitarbeiter bemerkt.

Miniaturisierung aus Sicht des ESD-Schutz-Managements

Der Fortschritt der Miniaturisierung wird gewöhnlich als wichtiger Gradmesser der technischen Entwicklung betrachtet. Damit ist die kontinuierliche Verkleinerung elektrischer Bauteile gemeint. Dies geht mit einer Verringerung der Abstände zwischen den einzelnen Strukturen einher. Sie betragen im Moment schon weniger als 14 Nanometer.

Dieser Prozess bringt jedoch auch ein großes Risiko mit sich: Gleichzeitig mit dieser Abstandsverringerung kommt es zu einer höheren Wahrscheinlichkeit für elektrostatische Entladungen. Dies führt häufig zu einer elektrischen Überbelastung (EOS). Unmittelbare Ausfälle oder – noch ärgerlicher – unbemerkte Vorschädigungen schließen sich oft daran an.

ESD-Schäden und wirtschaftliche Folgen

ESD sieht zwar meist harmlos aus, kann jedoch Schäden mit verheerenden Folgen an elektronischen Komponenten und Baugruppen verursachen. In den seltensten Fällen entdecken die Mitarbeiter ESD. Dies verwundert nicht, denn Menschen spüren ESD erst ab einer Spannung von etwa 3.500 Volt.

Schäden an Elektronik-Komponenten können schon bei Spannungen ab 100 Volt und höher verursacht werden. Die Auswirkungen von ESD verursachen den Ausfall von Komponenten und damit den Ausfall von Geräten, Systemen und Anlagen. Hierdurch entstehen hohe Ausschuss-, Qualitäts- und Reparaturkosten. Gewährleistungsansprüche und sogar Produkthaftungsschäden sind die Folge.

Auf lange Sicht können durch ESD verursachte Ausfälle das Vertrauen der Kunden in die eigene Marke dauerhaft schädigen. Grundsätzlich jedoch gilt: ESD-Schäden sind vermeidbar. Mit einem detaillierten ESD-Schutzkonzept umgehen produzierende Unternehmen die Gefahr elektrostatischer Entladungen zielgenau.

Entscheidend ist vor allem die Berücksichtigung der gesamten Prozesskette. Nicht nur der Mensch und sein direktes Verhalten am Arbeitsplatz erhöhen das ESD-Risiko. Wenn eine ausreichende Verpackung fehlt, so kann es schon während der Lieferung oder Lagerung zu Schäden kommen. Bei allen Arbeitsschritten, gerade bei solchen, die der Qualitätssicherung dienen, muss äußerst behutsam vorgegangen werden. Eine ESD-Schulung für Mitarbeiter steht ganz oben auf der Prioritätsliste.

Der Preis für Versäumnisse fällt nämlich hoch aus. Zunächst einmal betrifft dies die Kosten für Ausschuss und Reparatur sowie den Aufwand für Reparationen und Garantieerfüllung. Ferner leidet bei einer Häufung von ESD-Schäden das Unternehmensimage deutlich. Wenn es hart auf hart kommt und Ausfälle in entscheidenden Bereichen vorfallen, sind auch Produkthaftungsschäden denkbar. Ganz generell gilt: Gründliches, präventives ESD-Schutzmanagement ist oft weniger aufwendig als spätes Nachbessern.

ESD-Schutz Grundlagen: Wie lassen sich elektrostatische Entladungen vermeiden?

Der ESD-Schutz Zielt auf die die Vermeidung von elektrostatischen Entladungen ab und verfolgt dabei zweierlei Grundprinzipien:

  1. Aufladungen vermeiden beziehungsweise minimieren – z. B. durch Ableiten und Erdung
  2. (Schnelle) Entladungen vermeiden – Entladungen sind nicht zu vermeiden, es kann aber dafür gesorgt werden, dass vorhandene elektrische Ladungen langsam entladen werden, so beispielsweise über einen elektrischen Widerstand

ESD-Schutzmaßnahmen: ESD-Schutzzonen, ESD-gerechte Böden und Arbeitsplätze

Um elektrostatischen Entladungen zuvorzukommen, gibt es einige effektive Gegenmaßnahmen. Dabei nehmen wir neben ESD-Schutzzonen auch ESD-gerechte Böden und Arbeitsplätze in den Blick.

Innerhalb der ESD-Schutzzone

Am sichersten fällt definitiv die Errichtung einer ESD-Schutzzone aus. Sie wird auch als „electrostatic protected area“ (EPA) bezeichnet. Der Gedanke dahinter ist so einfach wie effektiv: In dieser besonderen Zone sind sämtliche Materialien ableitfähig und zudem auf dem gleichen Potenzial geerdet. Daher können elektrostatische Aufladungen und Potenzialunterschiede nicht auftreten. Es gibt insgesamt drei verschiedene EPA-Varianten. Sowohl einzelne Arbeitsplätze als auch definierte Flächen oder ganze Gebäude lassen sich als ESD-Schutzzonen nutzen.

Nur geschultes Personal oder detailliert unterwiesene Besucher haben Zugang zu einer EPA. Im Umgang mit den ESD-sensitiven Bauteilen gelten noch einmal strengere Richtlinien: Es darf allein geschultes Personal damit in Kontakt kommen. Daneben ist die Einhaltung der ESD-Verpackungsregeln absolute Pflicht – inner- und außerhalb der ESD-Schutzzone. Muss dennoch innerhalb des geschützten Bereichs aufladbares Material verwendet werden, so darf der Wert des entsprechenden elektromagnetischen Feldes 100 V/cm nicht übersteigen.

Was bei einem ESD-Boden beachten werden muss

Integraler Bestandteil jeder ESD-Schutzzone ist ein ordnungsgemäßer und sicherer Boden. Aufgrund der Leitfähigkeit und Verbindung mit der Erde können elektrische Aufladungen, etwa beim Gehen, durch mehrere Kupferbänder abgeführt werden. Wenn ein fest installierter ESD-Boden vorliegt, besteht er aus zahlreichen Schichten. Nach der Installation sollte unbedingt eine Erstabnahme durch den Fachmann erfolgen.

Hinsichtlich der Pflege und Wartung eines ESD-Bodens muss besondere Vorsicht gelten. Ohne einen Boden im optimalen Zustand fehlt eine entscheidende Komponente im ESD-Schutz-Management. Dies wäre etwa bei der Verwendung von Reinigern oder Pflegeprodukten auf Wachs-Basis der Fall. Wachs setzt nämlich die Leitfähigkeit signifikant herab. Um generell eine perfekte Leistung zu garantieren, sind kontinuierliche Messungen obligatorisch. Hierfür müssen entsprechende Anweisungen jederzeit für das Personal verfügbar sein.

Regeln für ESD-gerechte Arbeitsplätze

Für alle Arbeitsplätze innerhalb der EPA gelten die genannten Verhaltensregeln. Aufladbares Material sollte nicht im Handhabungsbereich verwendet werden – soweit möglich. Ist dies dennoch unentbehrlich, muss auf ausreichenden Abstand geachtet werden. Kontrollmessungen sind daher Pflicht. Ableitfähigkeit und Erdung des vollständigen Arbeitsbereiches müssen ebenfalls gewährleistet sein.

Als Beispiel für einen ESD-Risikofaktor am Arbeitsplatz sei die Beleuchtung genannt. Dies mag zunächst verwundern, da hier sonst eher von Schuhen, Kleidung oder Stühlen die Rede ist.

Beim ESD-Schutz-Management sitzt jedoch gerade in den unscheinbaren Dingen die Gefahr. In Gestänge- und Lupenleuchten befindet sie sich zudem äußerst nah am gefährdeten Produkt. Das Material dieser Leuchten – Glas oder Kunststoff – weist eine hohe Aufladbarkeit auf. Achten Sie daher immer auf folgende Norm:

  • DIN EN 61340-5-1:2008; Teil 5-1.

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